Tuchmacherei in Guben
Kette und Schuss. Die Tuchmacherei in Guben
Tuche aus Guben besitzen einen legendären Ruf, sie waren seit dem späten 19. Jahrhundert „weltbekannt für ihre Güte”. Aus der mittelalterlichen Wollweberei erwuchs eine starke Zunft der Tuchmacher, die zunächst grobe wollene Stoffe herstellte. Langsam stieg im 17. und 18. Jahrhundert nicht nur die Menge, sondern auch die Qualität der Tuche. Als eine der ersten Tuchmacherfamilien lassen sich die Lehmanns nachweisen, die 1592 erstmals erwähnt werden und bis 1945 den größten Tuchbetrieb Gubens führten. Mit der Industrialisierung erlebte die Gubener Tuchmacherei im 19. Jahrhundert einen enormen Aufschwung – ausgelöst durch gezielte preußische Wirtschaftsförderung. Der englische Tuchmacher Cockerill brachte Maschinen und Know-how in die Niederlausitz. Aus den alteingesessenen Meistern wurden Tuchfabrikanten, die mit modernen Maschinen große leistungsfähige Volltuchfabriken betrieben. Von Guben aus gingen die Tuche – vor allem hochwertige Mantelstoffe – in die ganze Welt. Aufgrund ihrer hohen Qualität konnten sie sich mit den besten englischen Waren messen. Die Industrialisierung zog eine Konzentration nach sich. Am Ende des Zweiten Weltkriegs waren von mehreren dutzend Unternehmen nur noch wenige übrig geblieben. Aber die Tuchherstellung ging weiter: Bis in die 1990er-Jahre setzte die VEB Gubener Wolle die Tradition fort. Diese Branchengeschichte eines für die Stadt Guben äußerst bedeutsamen Wirtschaftszweigs behandelt die vorindustriellen Handwerksverfahren wie die Schritte bis zur voll- endeten Industrialisierung. Die Tuchmacherei begründete neben der Hutproduktion den Reichtum der Stadt – ihre Geschichte ist ein wichtiger Teil der Historie Gubens. Autorin Dr. Mechthild Hempe schrieb eine lebendige Branchengeschichte und stellte dabei auch die großen Gubener Tuchmacherfamilien vor. Das Buch erschien im Juni 2006 im Böhlau-Verlag, Köln/Weimar.